Bücherei von Bürgern für Bürger – von Kerstin Eigendorf

Die Skepsis war riesengroß. Eine Bücherei mit Ehrenamtlichen zu führen, das konnten sich viele nicht vorstellen. „Das schafft ihr nie“, musste sich Doris Steinbach mehr als einmal anhören. ……

Doch sie und ihr Team vom Bürgerverein „Büchereien für Engelskirchen“ ließen sich nicht unterkriegen.

Heute führt ihre rund 40-köpfige, ehrenamtliche Mannschaft zwei Büchereien in der Gemeinde Engelskirchen im Bergischen Land. Eine davon liegt inmitten einer Grundschule. In einem knallgrün gestrichenen Raum tummeln sich aber nicht nur die Erst- bis Viertklässler, sondern auch viele Engelskirchener Bürger. In den beiden Bürgerbüchereien gibt es aktuell 2200 aktive Leser. „Das reicht vom Kleinkind bis zur Oma“, sagt die Vereinsvorsitzende Doris Steinbach.

Und die Bücherei hat für jeden etwas zu bieten. Neben Klassikern wie Harry Potter und Karl May, finden Besucher auch die Biografie von Marcel Reich-Ranicki und Cornelia Funkes „Tintenherz“. „Wir müssen immer auf dem Laufenden bleiben“, sagt Karin Stiefelhagen, stellvertretende Vorsitzende des Vereins „Büchereien für Engelskirchen“. Als Leiterin einer der beiden Bürgerbüchereien ist sie auch für die Neuanschaffungen zuständig. Die Kosten für neue Bücher könnte der Verein nicht alleine schultern. „Die Gemeinde gewährt uns einen jährlichen Etat von 10 000 Euro für neue Bücher“, erzählt die Leiterin.

Doch bevor es zu dieser Regelung zwischen Gemeinde und Bürgerverein kommen konnte, war es ein steiniger Weg. Denn im Frühjahr 2004 setzte die Gemeinde den Rotstift an. Kommunale Büchereien sollten künftig der Vergangenheit angehören. Eine Gruppe von engagierten Bürgern wollte das nicht hinnehmen und kämpfte. Sie machte der Gemeinde das Angebot, die Büchereien zu übernehmen, wenn die Gemeinde die Räume weiterhin zur Verfügung stellte und einen bestimmten Betrag für die Neuanschaffungen bereit stellte. „Die neuen Bücher hätten wir nicht bezahlen können. Unsere Stärke war das Personal, das wir aus Ehrenamtlichen zusammenstellen konnten“, sagt Doris Steinbach. Die Personalkosten betrugen bis zu diesem Zeitpunkt 53 000 Euro im Jahr.

Nachdem die beiden Büchereien ein halbes Jahr geschlossen waren und viele Bürger auf die Barrikaden gingen, entschied sich die Gemeinde für die Idee des Vereins. Im Sommer 2004 begann die Arbeit für dessen Mitglieder. Mit Putzzeug, Pinsel und Farbe bewaffnet, legten rund 30 Helfer los. Die beiden Büchereien wurden auf Hochglanz gebracht. „Im Oktober konnten wir bereits wieder aufmachen“, erinnert sich Karin Stiefelhagen. An zwei Nachmittagen öffneten die Büchereien ihre Türen – das ist auch heute noch so.

Doch während am Anfang noch Karteikarten per Hand ausgefüllt wurden, hilft heute der Computer. „Wenn Erinnerungen geschrieben werden mussten, habe ich die ganzen Karteikarten mit nach Hause genommen und durchgesehen. Heute ist das ein Mausklick“, sagt Karin Stiefelhagen. Auch viele andere Dinge haben sich spielend geregelt. Die Zweierteams des Bürgervereins, die die Büchereien im 14-Tage-Rhythmus betreuen, sind eng zusammengewachsen. „Wir haben die Aufgaben bewusst auf viele Schultern verteilt, sonst würde das nicht klappen“, sagt Steinbach.

Und diese vielen Schultern haben auch die Skeptiker überzeugt. Die Vereinsvorsitzende meint, dass ohne Bürgerengagement in Deutschland nichts mehr funktionieren würde. „Ich bin der festen Überzeugung, dass, wenn alle Ehrenamtlichen ein Jahr nichts tun würden, in Deutschland das Chaos ausbrechen würde.“